Snack Baguette mit Kaffee – Oder: Plädoyer für das Wurstbrot

Fast täglich klopft sie bei uns an, manchmal lassen wir sie herein, doch sollten wir uns auch immer wieder von ihr trennen – die Bequemlichkeit. Leider haben sich einige Menschen an diverse Bequemlichkeiten gewöhnt. Und müssen dafür mitunter teuer bezahlen. Den Betroffenen ist dies jedoch nur selten wirklich bewusst. Und was passiert, wenn sich ein Großteil der Gesellschaft der Bequemlichkeit hingibt?

TANSTAAFL – There ain’t no such thing as a free lunch

Sinngemäß übersetzen lässt sich der Satz mit „Nichts ist umsonst“. Es gibt immer Kosten, auch wenn sie manchmal versteckt sind.

Auch – und vielleicht sogar vor allem – bei der Bequemlichkeit. Ganz offensichtlich ist dies, wenn wir als Beispiel jemanden nehmen, der übermäßig auf der Couch liegt, sich stundenlang Videos auf TikTok anschaut und die Tage an sich vorbeiziehen lässt. Nicht nur, dass er durch die Inaktivität seiner Gesundheit schadet – also Bequemlichkeit auf längere Sicht gegen körperliches Wohlbefinden tauscht. Er wird sich so auch geistig nicht besonders weit entwickeln und daher vermutlich beruflich/finanziell keine großen Sprünge vollziehen. Nach dem Motto: Alles ist schön, so wie es ist.

Das Beispiel ist vielleicht etwas überspitzt und trifft nicht auf die Masse in der Form zu. Von einer übergeordneten Sichtweise heraus kann man jedoch ähnliche Denkweisen in der breiten Bevölkerung beobachten. Etwa, dass der Frieden und Wohlstand in Deutschland quasi von Natur aus gegeben seien. Und dass sauberes Wasser, ein voller Kühlschrank und ein Dach über dem Kopf selbstverständlich ist. Oder das klar ist, dass ich bei Arbeitslosigkeit weiterhin Geld erhalte und mich am Ende meines Arbeitslebens eine Rente erwartet. Als wären dies „free lunches“, im Sinne von festen Gegebenheiten, für die man sich nicht weiter anstrengen müsse, um sie zu behalten.

Breiten sich diese Sichtweisen auch auf andere Bereiche aus, – zum Beispiel, dass sich mehr Arbeit nicht lohne oder es keiner Umstellung/Weiterentwicklung bei Produkten bedarf – könnte es passieren, dass breite Teile der Gesellschaft in Müßiggang verfallen. Die Folgen könnten dann verringerte Innovation und Produktivität sein. Da die Welt sich jedoch weiter dreht, werden andere Nationen die sich bietende Chance ergreifen, den frei werdenden Platz einzunehmen. Sowohl in der Wirtschaft, als auch in der Weltordnung allgemein.

So weit sind wir noch lange nicht?

Wer kann mir zum Beispiel ein ernsthaftes deutsches/europäisches Gegengewicht zu Amazon oder Alibaba nennen? Oder zu Google beziehungsweise Baidu? Wie sieht es mit Facebook aus? Solche Global Player finden wir in Europa, besonders in Zukunftsbranchen, nicht. Hoffen wir, dass es zumindest unserer Autoindustrie gelingt, die Wettbewerber aus Amerika und China ein- oder vielleicht sogar noch zu überholen.

Um Innovationen hervorzubringen, brauchen die Menschen eine Motivation. Eine der stärksten Motivationen ist die nach Geld beziehungsweise Reichtum. Wenn die Menschen wissen, dass sie durch Fleiß und Ideenreichtum gute Chancen haben, ein Vermögen zu erwirtschaften, dann bringt dies die gesamte Gesellschaft nach vorne. Einer Studie zufolge setzt derzeit jedoch eine andere Entwicklung ein. Immer weniger Menschen in Deutschland streben nach Reichtum.

In der „Reichtumsstudie“ zeigt sich: Nur noch rund 52 Prozent streben nach Reichtum – 2017 lag die Quote noch bei 70 Prozent. Bemerkenswert: Besonders Beamte (rund 79 Prozent) möchten reich werden. Erst dahinter kommen mit rund 63 Prozent die Selbstständigen. Anscheinend haben viele den Eindruck, nicht in der freien Wirtschaft, sondern mit einem sicheren Job beim Bund lasse sich das meiste Geld verdienen.

Gleichzeitig sinkt auch noch der Anteil derjenigen, die glauben, ein hohes Vermögen in Deutschland aufbauen zu können. Nur noch 11,6 Prozent geben an, die allgemeinen Chancen in Deutschland dafür seien „Sehr hoch“ oder „Eher hoch“. Bei der persönlichen Chancen wählen sogar nur 7,9 Prozent eine der beiden Antwortmöglichkeiten. 2017 lag die Quote noch bei 18,7 beziehungsweise 13,7 Prozent.

Warum sich also anstrengen? Geh doch lieber den einfachen Weg, den die vielen Anderen auch gehen.

„Am I wrong?

For thinking out the box from where I stay?

Am I wrong?

For saying that I’ll choose another way?“

Nico & Vinz, Song: Am I Wrong

Ausgaben nach ihrem Wert hinterfragen – schwerer als gedacht?

Doch was hat ein Snack Baguette, ein Kaffee und ein Wurstbrot nun damit zu tun? Einiges – zumindest, wenn man sie als Symbol verwendet. Und zwar wenn Bequemlichkeit, oder zumindest eine gefühlte Entlastung, zu unüberlegten Ausgaben führt. Oder: Wenn Reichtum/Vermögen nicht erstrebenswert ist, dann ist es Sparsamkeit auch nicht unbedingt. Dann kann ich das erarbeitete Geld auch lieber gleich für Dinge ausgeben, die mir jetzt gefallen und mir mein Leben (scheinbar) angenehmer gestalten.

Viele Menschen gehen zum Beispiel morgens zum Bäcker, um sich ihr Frühstück zu holen. Und weil ein einfaches Brötchen und selbst mitgebrachte Wurst nicht reichen, wird es oft ein bereits belegtes Bäckerei-Erzeugnis – zum Beispiel ein Snack Baguette – und ein Kaffee. Dazu vielleicht auch noch ein Salat mit Dressing für später. Macht rund 4.50 Euro für das Baguette und 2.50 Euro für den Kaffee. Also 7 Euro pro Arbeitstag.

Machen wir eine schnelle Rechnung, was das im Jahr bedeutet:

Wenn wir 20 Tage im Monat arbeiten, ergibt das pro Monat Kosten von 20 Tage*7 Euro = 140 Euro. Bei 30 Tagen Urlaub ziehen wir einen Monat ab, also 11 Monate*140 Euro = 1.540 Euro/Jahr. Über 10 Jahre würden wir so 15.400 Euro ausgeben, über 40 Jahre rund 60.000 Euro.

Ein daheim selbst geschmiertes Wurstbrot mit selbst gebrühtem Kaffee kommt auf einen Bruchteil der Kosten.

Und es bleibt nicht nur bei den morgendlichen Ausgaben beim Bäcker. Jährlich neues Handy mit teurem Vertrag, alle paar Jahre ein neues Auto, jeden Monat neue Klamotten,…

Allgemein sollte man sich vielleicht öfter fragen: Welchen Wert/Nutzen hat meine Ausgabe? In welchem Verhältnis steht dies zu einer „unbequemeren“ Alternative. Viele, die man fragt, weshalb sie jeden Tag zum Bäcker oder im Restaurant essen gehen, antworten in etwa gleich: Weil ich keine Lust/Zeit habe, mir zuhause mein Brot zu schmieren oder das Essen selbst zu kochen.

Wer jedoch weiter gehen und sein eigenes Handeln, ob sich diese scheinbaren Bequemlichkeiten tatsächlich lohnen, hinterfragen möchte, könnte etwa die Ökonomie und Ökologie dabei näher betrachten.

Ökonomisch könnte man sich fragen: Geht mir tatsächlich viel (produktive) Lebenszeit verloren, wenn ich mich abends oder morgens hinstelle, um mir mein Frühstück für die Arbeit vorzubereiten? Wie viel kostet mich mein selbst zubereitetet Frühstück im Vergleich zum Bäcker-Frühstück? Was macht das hochgerechnet auf das Jahr aus?

Ökologisch betrachtet könnte man sich zum Beispiel fragen: Lohnt es sich, dass das Baguette verpackt ist, sich der Kaffee in einem Papp-Becher befindet und der Salat von Plastik umhüllt wurde? Oder ist die Tupper-Dose sowie der To-Go-Becher von zuhause die bessere Wahl? Ist die Wurst auf dem Baguette so viel nachhaltiger als die Wurst, die ich regulär für mich kaufe?

So gesehen wird vermutlich das Snack Baguette dem selbst mitgebrachten Brot deutlich unterlegen sein. Und auch viele andere Dinge erscheinen dann vielleicht nicht mehr als Bequemlich-/Annehmlichkeit – sondern als Last.

Fazit

Bitte versteht mich nicht so, als würde ich hier zur völligen Askese aufrufen wollen. Darum geht es nicht. Auch ich gehe gerne zum Bäcker und hole mir dort eine Pudding-Brezel und esse für mein Leben gern Sushi. Oder leihe mir ab und an ein PS-starkes Auto bei Sixt. Oder sitze mit einem Drink in der Strandbar. Denn das Leben sollte man auch genießen und durchaus tun, was einem Freude bereitet.

Doch auswärts Essen gehen, mit einem Drink am Strand sitzen oder große Autos fahren erlebe ich oft in dem Bewusstsein, dass dies Privilegien sind. Und Annehmlichkeiten, die ich genießen kann, weil ich dafür arbeite und weil viele Menschen davor gearbeitet haben, um die Möglichkeiten dafür erst zu schaffen.

So gesehen schmeckt, zumindest mir, mein Wurstbrot am besten.

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