UBS-Studie: Zukunft der Tech-Economy (Teil 1)

Neue Technologien verändern unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Wie wir in Zukunft Arbeiten und Lernen, Einkaufen, uns fortbewegen und Freizeit verbringen – fast kein Bereich kann sich der Digitalisierung entziehen. Klar, dass sich hier auch für Investoren Chancen auftun.

Eine aktuelle Studie der UBS beschäftigt sich mit der Zukunft der Tech-Economy. Die Ergebnisse der Autoren zeigen: Die 4. industrielle Revolution nimmt grade erst richtig Fahrt auf.

Die 4. industrielle Revolution

Internet of Things (IoT), Artificial Intelligence (AI), Feststoff-Batterien, virtuelle Realität (VR): Diese und viele weitere Technologien befinden sich in der Pipeline, um dieses – und vermutlich auch die nächsten – Jahrzehnte zu prägen.

Und diese Veränderungen sind auch dringend nötig. Ging das Wirtschaftswachstum der vorherigen industriellen Revolutionen mit einer fortschreitenden Zerstörung und Verschmutzung der Umwelt einher, steht bei der 4. Revolution die Effizienzsteigerung und Nachhaltigkeit im Vordergrund. Oder anders: Effizienz statt Wachstum, um den Lebensstandard halten bzw. erhöhen zu können.

Einige Bereiche unseres Lebens sind jedoch noch immer größtenteils an die Bedürfnisse der vorherigen industriellen Revolutionen angepasst: Etwa wie und was wir (in der Schule) lernen oder das Pendeln zu einem festen Arbeitsort mit starren Arbeitszeiten. Die Angriffsfläche für die 4. Revolution ist daher groß – mit entsprechenden Gewinnern und Verlieren entlang dieses Veränderungsprozesses.

Digitaler Lifestyle: Kein Kann, sondern Muss

Spätestens die Covid-19-Krise hat uns gezeigt: Der Zugriff auf digitale Tools und eine leistungsfähige digitale Infrastruktur sind ein essentieller Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes/Unternehmens, die soziale Teilhabe und das alltägliche Leben.

So wurde zum Beispiel ein nochmals deutlicher Anstieg der Online-Aktivität – insbesondere bei der Altergruppe 60+ – festgestellt, die vermehrt auf Streaming-Dienste und e-Commerce zugegriffen haben. Damit einhergehend erkennen zunehmend mehr Menschen – bisher fast ausschließlich die Domäne der Millennials (Gen. Y) und Teenager – die neuen Technologien als den primären Weg für soziale Interaktion, Arbeit und Freizeit an.

Die digitale Penetration wird somit weiter zunehmen und die Menschen werden immer mehr Zeit auf digitalen Plattformen verbringen.

Medien-Konsum wird digital

Schätzungsweise werden im nächsten Jahrzehnt 2 Milliarden weitere Menschen das Internet nutzen. Die Datenmenge wird dabei exponentiell anwachsen, vermutlich auf das Zehnfache – von etwa 50 Zettabytes heute auf rund 450 Zettabytes im Jahr 2030.

Ungebrochenes Wachstum an Internet-Nutzern
Datenmenge wird stark zunehmen

Wie investieren: Daten sind das neue Öl. Gewinner werden große Plattformen und Anbieter von Schlüsseltechnologien sein. Dazu zählen mobile Endgeräte, Cloud, Big Data, Social Media, später Blockchain und AI.

Wie sich die Landnutzung verändert

Arbeiten, einkaufen, essen, mit weit entfernten Menschen sprechen und spielen: Das alles kann vom eigenen Zuhause aus erfolgen. Diese Entwicklung wirkt sich auch auf den Immobilien-Markt und allgemein die Art, wie wir Land nutzen, aus.

Die vierte industrielle Revolution dreht die Entwicklungen der vorherigen Revolutionen – mindestens teilweise – zurück. Durch Home-Office, flexibles Arbeiten oder Selbstständigkeit ist es nicht mehr notwendig, dass abertausende Menschen täglich an einen bestimmten Arbeitsort transportiert werden müssen.

Leben in der Stadt wird zur Wahl des Lebensstils – und keine wirtschaftliche Notwendigkeit mehr sein. Das bedeutet aber auch, dass es Veränderungen in der Infrastruktur geben wird. Das „Aussterben“ der Innenstädte, was schon einige Zeit zu beobachten ist, wird fortschreiten. Mehr Bürogebäude werden leer stehen. Dafür wird jedoch der Bedarf an Lagerflächen und Rechenzentren zunehmen.

Allgemein werden Rechenzentren das neue „Herz“ der Wirtschaft sein. Nur, wenn die IT-Infrastruktur reibungslos und schnell funktioniert, wird ein Unternehmen/Land wettbewerbsfähig bleiben.

Wie investieren: Cloud-Anbieter, Bereitsteller von Infrastruktur für Warenhäuser und Rechenzentren (z.B. Netzwerkausrüster (Arista)); ich würde hier auch noch Anbieter von Daten-Analyse-Software (etwa Alteryx, Datadog) und Mobilitäts-Dienstleister (Uber, Lyft, Sixt) mit aufnehmen.

Arbeiten und Lernen im Wandel

Aufgrund der neuen Technologien wird sich, wie im vorherigen Absatz schon angeschnitten, die Art, wie, wo und wann wir arbeiten, verändern. Infolgedessen ist es auch nötig, dass sich das Bildungswesen auf die neuen Gegebenheiten einstellt.

Die Veränderungen haben auch das Potential, soziale Spannungen auszulösen, da die Menschen durch die neuen Technologien länger arbeiten können, ohne an Produktivität zu verlieren. Vermutlich trägt die steigende Erfahrung sogar zu einer höheren Produktivität bei.

Das ist jedoch – insbesondere für jüngere Menschen – problematisch, da die höher gestellten und somit meist besser bezahlten Jobs länger besetzt bleiben. Da ältere Mitarbeiter auch für die Unternehmen teurer sind, müssen hier möglicherweise neue Arbeitsmodelle entworfen werden.

Vermutlich werden zudem viele Menschen mehrere Jobs haben. Das trifft zwar wahrscheinlich weniger auf die Menschen mit hochqualifizierten/hochbezahlten Jobs zu. Für die mittlere und untere Bildungsschicht könnten flexible Arbeitsmodelle mit einem Wechsel zwischen Arbeitnehmer/Selbstständigkeit/Work-from-Home jedoch Realität werden. Finanziell könnte dieses System sogar den Reiz haben, dass die Wohnkosten (durch Leben auf dem Land) sinken und sich zudem die Fahrtkosten, durch den Wegfall des täglichen Pendelns, reduzieren.

Interessanterweise könnte diese Verschiebung der Anforderungen besonders für Schwellenländer problematisch werden. Denn ihr bisheriges Geschäftsmodell beruht darauf, durch eine Masse an gering-qualifizierten Arbeitern konkurrenzlos billig produzieren zu können. Dieser Vorteil verwandelt sich jedoch allmählich in einen Nachteil, da die Jobs dieser Arbeiter direkt von der Automatisierungstechnik bedroht sind und die Industrie 4.0 vermehrt hochqualifizierte Menschen braucht.

Auch die Lerninhalte und -methoden – besonders in den Schwellenländern, aber auch noch in vielen Industrieländern – sind noch nicht auf den neuen Arbeitsmarkt angepasst. Ein Manager etwa hat in einem Interview, gefragt nach seinen asiatischen Angestellten, einmal gesagt: Wenn man ihnen eine Aufgabe mit klaren Vorgaben gibt, dann erledigen sie diese wunderbar. Wenn es jedoch auf Kreativität ankommt und darauf, ein Problem aus verschiedenen Sichtweisen kritisch zu betrachten, sind die meisten überfordert.

Es wird nicht mehr darauf ankommen, möglichst viel auswendig zu lernen oder schnell rechnen zu können. Die neuen Technologien erfordern vermehrt Skills wie hohe Anpassungsfähigkeit und die Fähigkeit, die bestehende Art, wie Dinge gemacht werden, zu hinterfragen.

EdTech: Lernen wird digital

Die Digitalisierung ermöglicht es, den Klassenraum theoretisch von jedem Ort der Welt aus betreten zu können. Es ist nicht mehr zwingend notwendig, die Menschen zu einem Lehrer zu bringen – zu festen Zeiten und mit limitiertem Platzangebot. Ein Smartphone und eine Internetverbindung reichen, um auf ein riesiges Bildungsangebot zugreifen zu können. Später kann künstliche Intelligenz (AI) zudem dabei helfen, Bildung individueller zu gestalten.

Wir wissen, dass Bildung der wichtigste Schritt ist, um Wohlstand zu schaffen. Die UNESCO kommt im „Global Education Monitoring Report“ etwa zu dem Ergebnis, dass ein Jahr mehr Unterricht das jährliche Einkommen um etwa 10 Prozent anhebt. EdTech hat also das Potential, den weltweiten Wohlstand anzuheben.

Es ist auch nicht verwunderlich, dass insbesondere in den USA (als Technologie-Führer) und China (schnellste Wachstumsrate im EdTech-Sektor) stark in den EdTech-Sektor investiert wird.

Die finanziellen Mittel kommen jedoch nicht nur von den Regierungen, deren Budgets für Bildung meist stagnieren oder sogar gekürzt werden, sondern zunehmend von Unternehmen und Investoren. Passen sich die Bildungssysteme der Länder nicht an, werden möglicherweise die Tech-Firmen zu einem Teil bestimmen, welche Inhalte vermittelt werden.

Wie investieren: Automatisierungstechnik und Robotik. Bildungsdienstleister und EdTech-Firmen.

Wie (und was) wir essen

Große Veränderungen wird es auch bei der Weise, wie wir uns ernähren, geben. Den Markt des „Future Food“ schätzt die UBS bis 2030 auf 700 Milliarden Dollar. „Future Food“ lässt sich dabei grob in drei Kategorien unterteilen: Farm tech, Innovationen der Lieferketten und Konsumenten der Millennial-Generation.

Farm tech umfasst dabei technologische Fortschritte und Innovationen. Sogenannte Agribots, also landwirtschaftlich genutzte Roboter, werden automatisch ernten, bestäuben, Pestizide einsetzen und Krankheiten behandeln. Und dadurch teilweise menschliche Arbeit ersetzen. Neue biotechnologische Verfahren, wie etwa CRISPR, werden die Ernte ertragreicher und die Gewächse klimafreundlicher machen können. Durch „vertical farming“, also das Erzeugen von Nahrung in mehrstöckigen Gebäuden, können Menschen wohnortnah versorgt und Lieferwege kurz gehalten werden.

Wichtig wird zukünftig auch die Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel werden, da Konsumenten vermehrt Wert darauf legen. Hier werden Innovationen in der Lieferkette erfolgen. Die Blockchain-Technik kann dabei etwa zum Einsatz kommen. Technologie also bis hin zur Milchkanne 😉

Die Anstrengungen der Unternehmen müssen darauf liegen, Vertrauen aufzubauen, die Effizienz zu erhöhen und den Abfall zu reduzieren.

Denn eine Konsumenten-Gruppe wird bis 2050 zur größten heranwachsen: Die der Millennials. Und diese legt Wert auf Tierwohl, Nachhaltigkeit und den ökologischen Fußabdruck der Waren.

Wie investieren: Pflanzliche Produkte, Nahrungsergänzungsmittel, personalisiertes Essen, Lieferdienste und Logistik-Plattformen, Wellness-Services.

Fazit

Neue Technologien und die allgemeine Digitalisierung verändern viele – wenn nicht gar mehr oder weniger alle – Bereich des Lebens. Arbeiten, Lernen, Freizeit: Die – möglicherweise gar nicht so weit entfernte – Zukunft wird uns ganz neue Möglichkeiten bieten.

Und neue Möglichkeiten beinhalten auch immer Chancen. Finanziell, etwa durch vorausschauendes Investieren. Aber auch mehr persönlich, etwa dass ich mich auch im Park oder auf dem Balkon im Klassenzimmer/Hörsaal befinden und bilden kann – was sich dann natürlich möglicherweise auch wieder finanziell positiv auswirkt. Oder das ich flexibel planen kann, wo (und wann) ich arbeite. Vormittags etwa im Büro und nachmittags als freiberuflicher Autor, App-Entwickler oder Designer von zuhause aus.

Im zweiten Teil geht es dann darum, wie sich die Wirtschaft verändert und um den Kampf um die technologische Vorherrschaft USA vs. China. Zudem wirft die Studie noch eine Blick auf die „Next Moonshots“: Neural interfaces, Quanten-Computer, Batterien und Wasserstoff, 3D-Druck, Drohnen und Cybersecurity.

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