UBS-Studie: Zukunft der Tech-Economy (Teil 2)

Neue Technologien verändern unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Wie wir in Zukunft Arbeiten und Lernen, Einkaufen, uns fortbewegen und Freizeit verbringen – fast kein Bereich kann sich der Digitalisierung entziehen. Klar, dass sich hier auch für Investoren Chancen auftun.

Eine aktuelle Studie der UBS beschäftigt sich mit der Zukunft der Tech-Economy. Die Ergebnisse der Autoren zeigen: Die 4. industrielle Revolution nimmt grade erst richtig Fahrt auf. Im zweiten Teil geht es um Themen wie den Kampf um die technologische Vorherrschaft zwischen den USA und China und die nächsten „Moonshots“.

Inhalt:

Geld wird digital

Ein Megatrend wird sich weiterhin fortsetzen: Die Digitalisierung des Geldes. In den USA ist auch gerne vom „War on Cash“ die Rede.

Auch die Zentralbanken haben das digitale Geld längst entdeckt. China hat, als erstes Land weltweit, bereits eine eigene digitale Währung (DCEP = Digital Currency/Electronic Payment) geschaffen, die 1:1 an die nationale Währung (Renminbi) gekoppelt und von der People’s Bank of China überwacht ist.

Vorteile sind besonders die niedrigen Lagerungs- und Verwaltungskosten. Nachteile, zumindest für die Bevölkerung, sind die Rückverfolgbarkeit von Transaktionen und ein weiterer Verlust von Anonymität.

Ein solcher Verlust von Anonymität kann noch zu einem weiteren Problem führen: Einer personalisierten Preisdiskriminierung. Das könnte zum Beispiel so ablaufen. Wenn man nach einem Produkt sucht, kann es sein, dass die Suchmaschine bestimmte Ergebnisse ausblendet. In einem zweiten Schritt werden dann noch die Preise individuell bestimmt. Person A bekommt also andere Preise und Produkte zu sehen als Person B – abgestimmt auf die jeweiligen Interessen, Gewohnheiten, Einkommen, ect.

Teilweise werden solche Konzepte – also auf den einzelnen Kunden zugeschnittene Preise und Suchergebnisse – schon getestet oder in kleinem Umfang real angewandt. In größerem Umfang ist dies, dass sich die Preise etwa zu bestimmten Tagen oder bei einer ansteigenden Nachfrage für alle ändern, bereits Alltag. In der Hotellerie, bei Fluganbietern oder Fahrdienstvermittlern ist das „Dynamic Pricing“ fester Bestandteil des Geschäfts.

Wie investieren: FinTechs (z.B. Square, Adyen, Hypoport) werden langfristig weiterhin die Finanz-Industrie verändern. Profitieren dürften auch eine Reihe von weiteren Anbietern, die den Trend des digitalen Bezahlens bedienen. Etwa Mastercard, Visa, Apple.

Das Rennen um die technologische Vorherrschaft

Die USA, China und die EU liefern sich ein Rennen, um sich Ihren Platz im technologischen Wettrennen zu sichern. Die USA sind bisher führend, China holt weiter auf, die EU liegen hinten – versuchen aber derzeit, eine besondere Rolle im Setzen von Standards (Daten- und Klimaschutz,…) einzunehmen.

Es läuft also allem Anschein nach auf eine bipolare Tech-Welt hinaus – mit dem Rest der Welt in der Mitte. Auf der einen Seite ein „Ökosystem China“, auf der anderen Seite das „Ökosystem Westen“ mit den USA als dominanten Part.

Dass die Vorherrschaft im Tech-Sektor eine starke strategische Bedeutung hat, sehen wir in den zunehmenden (politischen) Spannungen. So hat etwa China mit seiner „Made in China 2025“-Initiative viele Handelspartner verärgert. Chinesische Firmen werden zum Beispiel angehalten, innovative ausländische Firmen und deren patentierten Technologien aufzukaufen. Gleichzeitig haben ausländische Investoren in China jedoch nur einen sehr begrenzten Zugang. Dies äußert sich derzeit etwa im Handelsstreit zwischen den USA(+EU) und China und dem (de facto) Verbot von chinesischer Technik – etwa der von Huawei – in (system-)kritischen Tech-Bereichen.

China: Ziele der Initiative „China 2025“
USA vs. China: Innovations-Ranking in verschiedenen Segmenten

Insgesamt wird das nächste Jahrzehnt technologisch sehr von den USA und China geprägt sein. Die EU kann, aufgrund des großen und wichtigen Marktes, einige Regeln und Standards festlegen und so die Entwicklung beeinflussen.

Großteil der Gewinne geht in die USA

Wenn es nach den Umsätzen und Profiten geht, dominieren ganz klar die USA die technologische Landschaft. Eine Schlüsselindustrie etwa besitzt eine starke Stellung: Die der Halbleiter. Wenn man so will bilden Halbleiter das Fundament der IT-Industrie. 6 der 10 größten Halbleiter-Unternehmen kommen aus den USA und nehmen mehr als 60 Prozent des Umsatzes ein. Mehr als 75 Prozent des Gewinns aus dieser Industrie wandern zu US-Unternehmen.

Dass die USA den größten Gewinn einfahren, hat einen einfachen Grund. So konzentrieren sich mittlerweile zunehmend mehr Firmen aus den USA auf das (hoch-profitable) Design, die Ausstattung und die Software für die Fertigung von Halbleitern. Die Herstellung der Chips – das margen-schwächere Geschäft – wird ausgelagert, etwa an ausländische Unternehmen wie Taiwan Semiconductor.

Auch die Software-Industrie wird bisher – und nach Meinung der Autoren der Studie auch weiterhin – von den USA dominiert bleiben. 8 der 10 größten Software-Unternehmen kommen derzeit aus den USA. Durch den Vorsprung konnten die Firmen einen „Burggraben“ gegen Konkurrenten errichten. Hohe Margen, starkes Wachstum und ein hoher Ertrag für die Aktionäre waren/sind die Folge.

Wie investieren: Die Autoren schlagen vor, das Geld auf verschiedene Regionen aufzuteilen, da zum Beispiel auch China weiter aufholt. Ich halte mich hier lieber an Warren Buffett, der zuletzt erst wiederholte: „Never bet against america“. Amerikanische Unternehmen gewichte ich daher in meinem Depot (deutlich) höher.

Die nächsten Moonshots

Moonshots sind Erfindungen, die ein enormes disruptives Potential besitzen, bisher jedoch noch nicht profitabel und/oder marktreif sind. Google etwa hat eine eigene „Moonshot“-Abteilung und beschreibt diese Projekte so: 1.) Sprechen ein großes Problem an; 2.) Haben eine radikale Lösung; 3.) Verwenden eine bahnbrechende Technologie.

Nicht alle Moonshots heben ab, aber wenn sie es tun, verändern sie die Wirtschaft und Gesellschaft mitunter signifikant.

Quanten-Computer

Quanten-Computer haben das Potential, aufgrund ihrer extrem hohen Leistungsfähigkeit viele Sektoren grundlegend zu verändern. Etwa die Finanz-Branche, das Pharma- und Gesundheitswesen oder den Energie-Sektor. Aufwendige Simulationen und komplexe Algorithmen können in einem Bruchteil der Zeit, die ein heutiger Hochleistungs-Computer benötigt, erledigt werden.

Bis solche Quanten-Computer jedoch stabil laufen und eingesetzt werden können, wird es noch einige Jahre brauchen.

Quanten-Computer vs. traditionelle Computer

Neuronale Schnittstellen / Brain-Computer-Interface

Technologie wird sich in Zukunft auch mit Biologie verbinden. Auch mit dem (menschlichen) Gehirn/Nervensystem. Einen kleinen Ausblick hat letztens Elon Musk mit seinen Fortschritten beim „Neuralink“-Projekt (Video) gezeigt.

Besonders profitieren dürften zuerst Menschen mit Krankheiten wie etwa Lähmungen oder Epilepsie. Die Technologie hat das Potential, Abhilfe für diverse Erkrankungen – insbesondere denen des Nervensystems – zu schaffen.

Demgegenüber stehen jedoch auch einige ethische Konflikte. So besteht etwa die Gefahr, dass einige Menschen mit einem technologisch erweiterten Gehirn über den Rest herrschen und sich eine neue Zwei-Klassen-Gesellschaft bildet.

Es ist jedoch noch ein weiter Weg, bis solche neuronalen Schnittstellen einsatzfähig sind.

Energieträger der Zukunft: Batterien und Wasserstoff

Sogenannte Feststoffbatterien gelten als die nächste Stufe in der Batterie-Technik. Sie können 50-60 Prozent mehr Energie bei gleichem Volumen aufnehmen, brennen nicht so leicht wie Lithium-Batterien und können schneller geladen werden. Führend in diesem Bereich sind bisher europäische und japanische Unternehmen.

Als zweiter aussichtsreicher Energieträger gilt laut der Studie Wasserstoff. Recycling von gefährlichen Stoffen und lange Ladezeiten, wie bei Batterien der Fall, spielen hier nur eine geringe Rolle. Zudem sind Wasserstoff-Antriebe ihren Batterie-Konkurrenten überlegen, wenn es um hohe Reichweite und schwere Ladungen geht. Schiffe, LKWs und Busse sind somit aussichtsreiche Einsatzgebiete für Wasserstoffzellen.

Von Nachteil ist, dass für die Herstellung von Wasserstoff zuerst Strom benötigt wird und der Wasserstoff dann anschließend im Fahrzeug wieder zur Stromerzeugung verwendet wird. Das ist deutlich ineffizienter, als den Strom direkt zu „tanken“.

In der Studie findet sich noch ein spannender Vergleich zwischen ICE (Internal Combustion Engine = Verbrenner), BEV (Battery Electric Vehicles) und FCE (Fuel Cell Electric Vehicles).

Vergleich Verbrenner, Wasserstoff und Batterie 2020 und 2030e

Vermutlich wird sich auch nicht eine Antriebsform gegen alle anderen durchsetzen, sondern es wird eher eine Koexistenz von ICE, BEV und FCE geben.

Wie investieren: In der Studie ist nur allgemein die Rede davon, dass man ein wenig Kapital in alle „Moonshots“ stecken solle. Für Großinvestoren oder Risikokapitalgeber ist dieser Rat vermutlich richtig. Kleinanleger sollten meiner Meinung nach jedoch lieber an der Seitenlinie warten und erst investieren, wenn die Technik ausgereift ist und sich aus den vielen Unternehmen Profiteure/Gewinner herauskristallisieren.

Welche Technologien die Gesellschaft prägen

Es gibt schon heute einige Technologien, die anfangen, unseren Alltag und unsere Gesellschaft als Ganzes zu verändern. Die Studie zählt vier Themen auf: künstliche Intelligenz (AI), Drohnen, 3D-Druck und Cybersecurity.

Artificial Intelligence

Unter künstlicher Intelligenz wird, praktisch gesprochen, Software verstanden, deren Ergebnisse so aussehen, als hätte sie ein Mensch geschaffen.

Obwohl die Fortschritte bei AI schon beeindruckend sind (Sprachassistenten, selbstfahrende Autos, Erkennung von Krankheiten, ….) benötigt die Software weiterhin enge, von Menschen gemachte Vorgaben. Selbstlernend ist die AI nur in sehr begrenztem Maße.

Von künstlicher Intelligenz auf hohem Niveau (ASI = Superintelligenz), geschweige denn von künstlicher Intelligenz auf dem Niveau menschlicher Intelligenz, sind wir noch weit entfernt. Frühestens 2050 ist mit einer derart fortgeschrittenen, künstlichen Intelligenz zu rechnen.

3D-Druck

3D-Druck wird laut der Autoren eine Nischen-Technologie bleiben. Chancen hat die Technologie etwa bei der Herstellung von Prototypen oder individuellen Produkten.

Drohnen

Drohnen hingegen könnten zukünftig in vielen Bereichen zum Einsatz kommen. Etwa in der Logistik oder Landwirtschaft. Lieferungen per Drohne oder die Überwachung der Felder könnten bald Alltag werden.

Cybersecurity

Immer mehr Gegenstände werden mit dem Internet verbunden – und sind dauerhaft online. Kühlschränke, Spiegel, Smartphones, … , – das „Internet of Things“ (IoT) ist einer der Megatrends des kommenden Jahrzehnts. Ericsson erwartet, dass die Anzahl der IoT-Geräte von 10,8 Milliarden (2019) auf rund 25 Milliarden (2025) zunimmt. Doch zunehmend mehr vernetzte Geräte bedeuten auch eine zunehmende Angriffsfläche für Cyber-Attacken.

Schon jetzt kosten Cyber-Angriffe die Unternehmen jedes Jahr mehrere Milliarden. IT-Sicherheit ist daher strategisch wichtig. Viele Unternehmen sind jedoch noch immer schlecht gesichert. Der Raum zum Wachstum für Cybersecurity-Lösungen ist daher groß.

Besonders Cloud-basierte Sicherheitslösungen dürften in den kommenden Jahren überproportional von der Entwicklung profitieren.

Wie investieren: Es wird empfohlen, die führenden Unternehmen aus jedem Segment zu finden und hier zu investieren. Meiner Meinung nach ist besonders die Cybersecurity-Branche interessant, da sich hier bereits globale Gewinner (Crowdstrike, ZScaler) abzuzeichnen scheinen.

Die Macht der großen Plattformen

Weiterhin werden die großen Tech-Unternehmen wie Apple, Amazon, Facebook, Netflix, Microsoft und Adobe unseren Alltag prägen. Und aufgrund des Netzwerk-Effekts aller Wahrscheinlichkeit nach auch weiterhin viel Geld verdienen.

Die Autoren plädieren daher für eine Strategie, die auch ich anwende: Große, etablierte Unternehmen des Tech-Sektors als Basis und darum mittelgroße/kleine, innovative Firmen als „Satelliten“.

Fazit

Die Studie der UBS gibt Einblicke, wohin sich die Welt in den nächsten Jahren vermutlich entwickeln wird – und welche Branchen von dieser Entwicklung profitieren werden. Klimaschutz, Digitalisierung, Gesundheit/Medizin,… Die Pipeline ist gut gefüllt. Wir als Anleger können davon ebenfalls profitieren, indem wir Trends erkennen und in Unternehmen investieren, die eine herausragende Stellung einnehmen und mit ihren Produkten einen Mehrwert für die Wirtschaft und Gesellschaft erzeugen.

Der nächste Beitrag wird eine (tabellarische) Zusammenfassung der Studie sein, damit du dich nicht durch die – doch sehr lang geratenen – Artikel kämpfen musst, um noch einmal etwas nachzulesen. Und dann ist der Monat auch schon wieder rum und es wird Zeit für das Depot-Update.

Bis dahin. 🙂

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