Wie gut sind Analysten?

Zu vielen Aktien gibt es auch Analysten, die versuchen, einen angemessenen Aktienkurs zu ermitteln. Die ausgerufenen Aktienkurse spielen bei einigen Anlegern dabei eine wichtige Rolle in der Entscheidungsfindung. Doch wie gut sind die Tipps? Und wo findet man die besten Analysten?

Analysten haben eine geringe Trefferquote

Gleich vorweg: Die Trefferquote für Kursziele ist äußerst gering. Manche Studien zeigen sogar, dass man eine bessere Performance hat, wenn man bei den am Häufigsten von Analysten bewerteten Aktien genau das Gegenteil tut.

Das hat einen einfachen Hintergrund: Wenn jeder gute Ergebnisse erwartet, dann wird das auch schon in den Kurs eingepreist. Jede kleine Verfehlung ist dann eine Enttäuschung und führt zu einem Abverkauf. Werden hingegen schlechte Ergebnisse erwartet, überrascht das Unternehmen möglicherweise positiv. Und der Kurs steigt. Das haben wir zum Beispiel jetzt in der Corona-Krise erlebt, wo die Schätzungen der Analysten und die tatsächlichen Ergebnisse oft meilenweit auseinander lagen.

Auf die kurze Sicht, meist 12 Monate, für die die Kursziele häufig ausgelegt sind, sind die Empfehlungen also unbrauchbar.

Dennoch stützen manche Anleger ihre Kaufentscheidung auf die Kursziele der Analysten. Und die sind, wie schon erwähnt, nicht selten viel zu hoch angesetzt.

Überzogene Kursziele findet man zum Beispiel häufig bei IPOs. Viel Aufmerksamkeit erhielt etwa der Börsengang von Nikola Corporation (NKLA). Hier werden derzeit Kursziele bis 80 Dollar ausgerufen. Das scheint – meiner Meinung nach – ein ziemlich ambitioniertes Ziel zu sein, wenn man bedenkt, mit welchen Problemen Nikola konfrontiert ist.

Kursziele Nikola Corporation

Aber auch scheinbar zu günstige Aktien werden gerne mit einem „Outperform“ oder „Overweight“ bewertet. Derzeit zum Beispiel Öl-Aktien wie Schlumberger. Ob hier ein Aufwärtspotential von bis zu 45 Prozent vom aktuellen Kurs aus gesehen (20 Dollar -> 29 Dollar) tatsächlich gerechtfertigt ist? Ich habe zumindest meine Bedenken.

Kursziele Schlumberger

Es gibt jedoch auch Analysten, die sich von der Masse abheben und sich durch eine überdurchschnittliche Trefferquote und Performance auszeichnen.

Die Empfehlungen der besten Analysten

Eine Webseite – tipranks.com – hilft uns dabei, die besten Analysten, Blogger und Hedge-Fonds zu finden.

Dazu findet man oben im Reiter – beziehungsweise auf dem Smartphone rechts bei den drei Balken – den Punkt „Top Experts“. Darunter kann man dann entweder Analysten, Blogger oder Hedge Funds auswählen.

Top-Analysten auf tipranks.com

Unter den Top-Analysten auf Platz 1 sehen wir derzeit Brent Bracelin von Piper Sandler. Dieser hat eine Trefferquote von 83 Prozent und eine Performance auf seine Empfehlungen von 36 Prozent. Über „See Full Profile“ können wir sehen, was seine letzten Empfehlungen sind.

Hier finden wir derzeit zum Beispiel HubSpot, Microsoft, Alteryx oder Slack. Links an der Seite sehen wir zudem die beste Empfehlung, in diesem Fall Mongodb mit einem Zuwach von 195 Prozent.

Auf Platz 2 befindet sich Glenn Greene. Dieser empfiehlt überwiegend Zahlungsdienstleister wie Fidelity National Info, Fiserv, Square oder Paypal.

Wenn wir uns das Profil der Top-Analysten ansehen fällt zudem auf: Bis zum Platz 18 beschäftigen sich alle mit dem Technologie-Sektor. Ebenso wie die besten Hedge-Fonds, die derzeit überwiegend auf Technologie/Fintech und Healthcare setzen.

Fazit

Die Aktienanalysen sind hilfreich, da sie uns Investoren die Arbeit erleichtern. Wichtige Daten sind in ihren Analysen bereits aufbereitet und die Vor- und Nachteile des Unternehmens herausgearbeitet. Einordnen muss man die gewonnenen Kenntnisse jedoch selbst, denn die mitgelieferten Kursziele sind meistens nicht brauchbar.

Auch als Inspiration können die Analysten durchaus dienen. Wenn etwa der Technologie-Sektor bereits seit einiger Zeit besser läuft als der breite Markt, könnte es sich durchaus lohnen, einmal bei den besten Analysten und Hedge-Fonds zu schauen, welche Titel dort auf den Listen stehen.

Noch spannender ist es übrigens, wenn man andersherum anfängt. Also erst versucht, tolle Unternehmen und Aktien zu finden und erst dann nachschaut, welche (Hedge-)Fonds und Analysten die Aktien ebenfalls auf Ihrer Liste haben.

Eine Strategie, wie man wunderbare Unternehmen findet, könnt ihr im verlinkten Artikel nachlesen.

3 Gedanken zu “Wie gut sind Analysten?

  1. Hallo Sebastian,

    Analysten-Daten sind ein cooles Thema! Danke für den Artikel und die Links. Es gibt meines Wissens viele Probleme bei den Analysten-Schätzungen, z.B.

    1) Sie sind häufig veraltet, aber immer noch auf vielen Börsen-Websiten zu finden. Eine Lösung ist hier immer nur die neuesten Schätzungen zu suchen und darauf zu reagieren, aber das geht schon Richtung aktivem Trading. Erschwerend kommt es offensichtlich auch oft vor, dass Analysten einfach ihre alten Einschätzungen nochmals bestätigen – ohne das Unternehmen in der Tiefe neu untersucht und bewertet zu haben.
    2) Bei viel beachteten Aktien schwimmen viele Analysten einfach mit und empfehlen das, was ihre Kollegen auch schon empfehlen. Bei kleinen Unternehmen, denen nur wenige Analysten folgen, sind die Analysteneinschätzungen häufig besser. Denn hier sind die Analysten „gezwungen“ die Unternehmen bzw. Aktien auch tatsächlich zu analysieren.
    3) Viele Analysten, gerade deren Empfehlungen öffentlich gemacht werden, arbeiten für Broker. Broker haben natürlich ein Interesse daran, dass viele Aktien gehandelt werden. Tendenziell führt dieser Interessenskonflikt zu einer zu optimistischen Einschätzung.

    Was mir persönlich auffällt, ist, dass die Qualität von den unterschiedlichen Kategorien wie Recommondations, Gewinn- und Umsatzschätzungen, Preisziele und Wachstumsschätzungen voneinander abweichen. Interessanterweise sind gerade Preisziele (neben den Gewinnschätzungen) hilfreich, obwohl genau diese Preisziele einen „schlechten Ruf“ bei den meisten Anlegern haben. Es kommt zwar selten vor, dass ein Analyst eine Punktlandung macht, aber die Differenz von den aktuellen Preisen und den Preiszielen kann durchaus in eine Aktienbewertung mit einfließen. Zu dieser Meinung komme ich nach einer Reihe von Backtest auf US-Aktien: Das sture Folgen von Preiszielen führt hier tatsächlich zu nennenswerten Überrenditen – die Empfehlungen dagegen kaum/nicht. Die Backtests wären hier zu finden: https://www.McGeld.de/2021/06/12/Aktien-Kennzahlen-im-Backtest-20-wichtige-Kennzahlen-analysiert/

    Für meine Aktienentscheidungen nutze ich die Analystenmeinungen insofern, dass ich bei Halten/Verkaufen-Einschätzungen bzw. Preiszielen unter dem aktuellen Preis skeptisch werde und versuche herauszufinden, was wohl der Grund dafür ist (die Analystenberichte werden ja leider häufig nicht veröffentlicht). Generell versuche ich möglichst viele Blickwinkel auf eine Aktie zu gewinnen und dazu gehören neben fundamentalen und technischen Faktoren auch Analystenwerte.

    Viele Grüße
    Sebastian

  2. Halte es ein bißchen überheblich und naiv zu denken, ein „Investor“ wisse mehr über Unternehmen und Kursziele als Analysten, die nichts anderes machen.

    Woher hast du die Aussage, dass Trefferquote von Analysten gering ist?
    Würde mich sehr interessieren, weil ich gerade selbst eine Datenbank mit Analysten-Bewertungen aufbaue, um deren Trefferquote auszuwerten.

    1. Vielen Dank für Deinen Kommentar.
      Es gibt mehrere Gründe, weshalb es als Privat-Investor tendenziell negative Auswirkungen hat, auf Analysten zu hören. Zu nennen ist etwa der Informationsrückstand, den Privatinvestoren haben. Die Analysen werden so gut wie immer zuerst zum Auftraggeber der Analyse (Großbanken, institutionelle Anleger,…) weitergegeben, bevor sie dem Privatanleger zur Verfügung stehen. Zudem konnte beobachtet werden, dass Analysten häufig entweder zu optimistisch oder zu pessimistisch, je nachdem, wie ihr Research ausgefallen ist, bei der Setzung von Kurszielen sind. Am besten geeignet sind wohl noch die Verkaufsempfehlungen.
      Eine deutschsprachige (leider bereits wieder etwas ältere) Studie findet sich zu Beispiel bei der TU München:
      https://mediatum.ub.tum.de/doc/603183/603183.pdf
      Ein Artikel, der ein paar wichtige Aspekte benennt, findet sich in der WiWo:
      https://www.wiwo.de/finanzen/boerse/aktienempfehlungen-die-prognosemaerchen-der-analysten/9494668.html

      Liebe Grüße
      Sebastian

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